Apple gibt Startschuss für „iBeacon“

„Beacon“ kann als eine Art „Indoor GPS“ Menschen in Gebäuden präzise orten und ihnen passende Informationen geben. Der stationäre Handel sieht darin die Chance, die Kunden bald so gut wie Amazon zu kennen.

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Der Goldrausch um die Funktechnik „Beacon“ hat begonnen. Apple erlaubt Drittherstellern, zertifizierte Sender mit dem „iBeacon“ Markennamen zu verwenden und zu bewerben, schreibt das Blog Beekn.  Damit könnte die Nahfunktechnik den Schub erhalten, als eine Art „Indoor GPS“ nicht nur die Navigation in Räumen wie Kaufhäusern oder Museen zu erleichtern, sondern auch stationären Händlern ein spannendes Tool für die Bindung ihrer Kunden in die Hand zu geben.

Als Apple auf seiner Entwicklungskonferenz im vergangenen Sommer beinahe beiläufig „iBeacon“ ankündigte, ahnte kaum jemand die Tragweite, die diese Erfindung haben kann. Mit Hilfe der unscheinbaren kleinen Sender lassen sich Smartphones in Gebäuden nicht nur recht präzise orten, sondern auch mit personalisierten Informationen bespielen. „Ein Händler weiß plötzlich, wenn und wo sein Kunde im Laden steht. Das ist die größte Änderung für den stationären Handel der vergangenen Jahrzehnte“, sagte Achim Himmelreich, Vizepräsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft, dem FOCUS. Denn erstmals könnten Händler ihre Nachteile gegenüber Amazon & Co., quasi alles über dessen Kaufhistorie zu wissen, ausgleichen. “Die digitale Ökonomie ist damit in den Geschäften angekommen“, erwartet Himmelreich frische Impulse für standortbasiertes Marketing, das bisher nicht recht in Schwung gekommen ist. 

 

Beacon – der englische Begriff für Leuchtfeuer – arbeitet mit der neuesten Version der Bluetooth-Funktechnik 4.0, die besonders wenig Energie braucht und alle anderen Nahfunktechniken ersetzen könnte. Jedes moderne Smartphone kann das Signal des Senders in einer Entfernung bis zu 30 Metern empfangen. Trifft das Beacon-Signal auf eine dafür vorgesehene App, werden auf dem Bildschirm des Smartphones die zum Ort passenden Informationen gezeigt. „Was GPS im Freien ist, wird Beacon drinnen – aber es kann noch viel mehr “, sagt Oliver Diekmann, Gründer des Start-ups Shopnow. Restaurants können ihre Tische mit den Sendern ausstatten und den Gästen die Speisekarte ohne Wartezeit auf dem Smartphone anzeigen. Die können sofort bestellen und später auch zahlen, ohne auf die Rechnung warten zu müssen.

Shopnow hat mit der Beacon-Technik ein neuartiges Kundenbindungsprogramm für Händler wie Hallhuber oder die Kinokette Cineplex entwickelt. „Wir setzen Anreize für alle Schritte vor dem eigentlichen Kauf. Zum Beispiel erhalten die Kunden schon Bonuspunkte, wenn sie den Laden betreten. Oder wenn sie den QR-Codes eines Produktes mit ihrem Smartphone einscannen“, erklärt Diekmann. Auch der Marktführer Payback bereitet sich auf die neue Technik vor. „Beacons und Bluetooth sind eine der Basistechnologien, die wir gerade intensiv erproben“, sagt Payback-Geschäftsführer Dominik Dommick.

Die Begeisterung in der Tech-Branche ist wieder einmal groß

Viele Unternehmen drängen nun in den noch jungen Beacon-Markt. Apple als Erfinder wird zugetraut, ein eigenes Zahlsystem auf Basis dieser Technik zu entwickeln. „Apple wird den Kreditinstituten und Kreditkartenunternehmen in den nächsten drei Jahren 120 Millionen Euro Umsatz mit Kartengebühren streitig machen“, prognostiziert Himmelreich. Das seien immerhin 18 Prozent der Gebühren, die für die Nutzung der Kredit- und EC-Karten in Deutschland erhoben werden. Daher hat auch PayPal als größter Online-Zahlungsdienst schon eine Beacon-Anwendung entwickelt. Händler können dann die weit verbreitete PapPal-App nutzen, um ihren Kunden die passende Angebote auf die Handys zu schicken. Noch ist die Technik aber nicht soweit. „Wir werden PayPal Beacon in Europa einführen. In Deutschland haben wir vor, innerhalb der nächsten Monate mit ersten Pilotprojekten an den Start zu gehen“, kündigt Arnulf Keese, der Deutschland-Chef von PayPal, im Gespräch mit dem FOCUS an. Auch von Google wird eine eigene Beacon-Entwicklung erwartet, von der bisher aber noch nichts zu sehen ist. Google hatte lange Zeit auf die Funktechnik NFC gesetzt, die sich aber nicht durchgesetzt hat, weil Apple nicht mitgemacht hat. Seit der Vorstellung von iBeacon ist klar, dass Apple immer vorhatte, einen anderen Weg zu gehen.

Die Beacon-Technik hat einen ganzen Schwung neuer Unternehmen und Ideen hervorgebracht. Die Begeisterung in der Tech-Branche ist wieder einmal groß – und bringt die übliche Gefahr mit sich, die Erwartungen zu hoch zu schrauben. „Übereifer kann die Technologie kaputtmachen“, warnt Robert Peschke vom Berliner Start-up Sensorberg, das gerade die Infrastruktur für die Anwendungen der Unternehmen baut. Werden nämlich zu viele oder irrelevante Werbebotschaften auf die Smartphones der Kunden geschickt, kann die Akzeptanz schnell verschwinden. „Nur wer die Daten vernünftig auswertet, kann auf einen Erfolg von Beacon hoffen“, warnt Himmelreich.

PayPal stellt sich den Einsatz von Beacon als kontaktloses Bezahlen vor. Darüber sollte PayPal aber noch einmal nachdenken.