„Robin Hood der Verlage“
Das New Yorker Start-Up NewsCred will den Markt für Content-Marketing aufrollen. Das Ziel: Vermittler zwischen Verlagen und Unternehmen. In Kürze steht der Start in Deutschland auf dem Programm.
Wenn der US-Getränkekonzern Pepsi seine Website zu einem Magazin für Popkultur umbaut, steckt ein New Yorker Start-up dahinter. NewsCred heißt das Unternehmen, das gerade mit Risikokapital überhäuft wird, weil es gleich zwei Probleme löst: Es kauft Verlagen und Journalisten, die nach neuen Einnahmequellen suchen, ihre Inhalte ab. Und verkauft sie an Unternehmen, die auf der Suche nach spannenden Inhalten sind, um damit für sich zu werben. „Content-Marketing“ heißt die neue Disziplin, die Werbung ganz anders macht: Statt plakativer Botschaften oder nerviger Pop-Ups im Internet bekommen die Menschen interessante Reportagen, wertvolle Informationen oder schöne Fotos vorgesetzt.
Was der Energydrink-Hersteller Red Bull quasi erfunden hat, entwickelt sich gerade zum Megatrend. Pharmakonzerne klären über Diabetes auf, Getränkehersteller berichten über Musik und der Düsseldorfer Mobilfunkanbieter E-Plus hat unter dem Namen Curved sogar ein komplett eigenständiges Nachrichtenportal an den Start gebracht. Ihr gemeinsames Ziel: Über gute Inhalte mögliche Kunden anzulocken, die Meinungsführerschaft für ein Thema zu besetzen oder – wie die Energieversorger – einfach nur gegen den schlechten Ruf anzuschreiben.
NewsCred will Content-Marketing-Maschine werden
NewsCred ist dabei, die zentrale Rolle in diesem Zukunftsmarkt zu besetzen. Das Start-up mit 120 Beschäftigten hat sich als Vermittler zwischen Anbieter und Nachfrager der Inhalte gesetzt. Entscheidend wird wohl die Kombination aus Inhalten und der passenden Software für das Ausspielen auf die Websites oder Apps sein. Die Inhalte liefern 4000 Medien zu, darunter erste Adressen von der New York Times über Forbes und CNN zu Bloomberg. Die Huffington Post ist sogar Kunde und Lieferant zugleich: „Wir lizensieren Inhalte der Huffington Post, verkaufen ihnen aber gleichzeitig auch Beiträge für ihre Website“, erklärt Salmanpour.
Weitere Lieferanten sind Journalisten, die exklusive Artikel schreiben. Fotografen von Getty Images schießen die Fotos, Videos kommen von Visual.ly. „Die Verlage mögen uns, weil wir ihre Inhalte lizensieren und dafür zahlen. Wir sind eine Art “Robin Hood” der Verlage geworden“, sagte Kayvan Salmanpour, der für NewsCred das internationale Geschäft in New York leitet, zu FOCUS. Immerhin vier Millionen Dollar seien im vergangenen Jahr an die Verlage ausgeschüttet worden, die NewsCred dafür nur einen Zugang zu ihren Archiven öffnen mussten. Da die Unternehmen keine Massenware wollen, sondern möglichst exklusive Inhalte, die nirgendwo sonst im Netz auftauchen, schreiben zusätzlich etwa 250 Journalisten Artikel auf Bestellung. Das ist aber erst der Anfang. „Es können auch 2000 Journalisten werden. Aber mehr auch nicht, damit wir die Qualität sichern können“, erwartet Salmanpour.
Anständige Honorare für Autoren
Denn das Ziel laute nicht, so viele Inhalte wie möglich zu produzieren, damit möglichst viele Leser von Google kommen. „Wir sind nicht in einem SEO-Spiel“. Statt dessen will NewsCred gezielt hochwertige Inhalte produzieren, die an keiner anderen Stelle im Netz zu finden sind – und für die dann auch anständige Honorare fließen. „Wir zahlen den Autoren zwischen 700 und 1500 Dollar je Artikel, abhängig von der Länge. Für Infografiken gibt es 3000 Dollar“, erklärt Salmanpour.
Unternehmen wie British Gas oder Shell suchten gute Journalisten und achteten darauf, wo diese zuvor publiziert haben. Bevorzugt werden die großen Marken. „Wir suchen nur High-End-Journalisten“. Doch die Herstellung oder Lizensierung der Inhalte ist nur ein Schritt. Seinen Vorsprung im Markt sichert sich NewsCred mit seiner Software, die in den vergangenen zwei Jahren entwickelt wurde. Sie hilft den Unternehmen, die Inhalte passend auszuspielen und den Erfolg zu messen. „Viele Unternehmen springen auf den Zug auf, wissen aber gar nicht, welche Inhalte sie ihrem Publikum vorsetzen sollen“, hat Salmanpour beobachtet.
B2B-Unternehmen wollen Leads auf Linkedin generieren
Auch die Erfolgskontrolle ist wie immer im digitalen Marketing wichtig. Wobei die Ziele der Unternehmen weit auseinanderdriften. „Im B2B-Geschäft wollen die Firmen vor allem Leads generieren. Das erreichen wir meist auf Linkedin“, sagt der NewsCred-Manager. Auf Linkedin könne NewsCred genau erfassen, welcher Technikchef eines Unternehmens einen Artikel über Cloud-Computing gelesen habe. Auf anderen Plattformen sei man noch nicht soweit.
Die Unternehmen, die sich an Endkunden wenden, suchten Engagement oder die Meinungsführerschaft zu einem Thema. „Wir haben aber noch nie gemessen, ob gute Inhalte zu einer Umsatzanstieg geführt haben. Wir sehen Banken, die genau messen, welche Inhalt die Nutzer auf welche Seite geführt hat und ob auf dieser Seite tatsächlich Kredite vermittelt oder Abschlüsse erzielt wurden“, erklärt Salmanpour.
Oft verfolgen die Unternehmen aber mehrere Ziele. „British Gas ist eine interessantes Beispiel. Sie haben einen schlechten Ruf in England. Sie brauchen Inhalte, um ihren Ruf zu bessern. Im Winter liefern wir ihnen Artikel, wie die Menschen ihre Heizkosten senken können. Sie kaufen aber auch Inhalte für Lobbying, PR und als Information für ihre Kunden. Ihnen geht es erst einmal nicht um steigende Umsätze“, sagt Salmanpour. Wie immer im Internet geht es auch NewsCred darum, das Geschäft möglichst weit zu automatisieren. Erst dann kann das Modell skalieren. „Wir sitzen jetzt in einem Schnellzug, um ein Milliardengeschäft aufzubauen. Die Kategorie ist dafür groß genug“, formuliert der Gründer und Vorstandschef Shafqat Islam das Ziel.
Schritt auf den deutschen Markt steht bevor
Ein nächster Schritt in der Wachstumsstrategie könnte der deutsche Markt sein. „Wir sind in Gesprächen mit möglichen Lieferanten und Kunden, darunter Axel Springer, der Deutschen Presse Agentur, Bertelsmann und die Deutsche Telekom. Möglicherweise werden wir ein Büro in Deutschland eröffnen, den wir wollen auf jeden Fall in den deutschen Markt“, kündigte Salmanpour an. Im Moment ist das Unternehmen in Europa vor allem in Großbritannien und Fankreich aktiv.