“Unternehmen wollen Large-Language-Modelle mit eigenen Daten trainieren“
ChatGPT hat der Künstlichen Intelligenz zum Durchbruch verholfen. Philipp Drieger von Splunk ordnet den Hype ein: Die KI in eigene Produkte einzubauen oder vortrainierte Modelle mit eigenen Daten zu füttern, sei aktuell gefragt. Doch KI biete weit mehr als ChatGPT.
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Mit dem Aufkommen von ChatGPT sind viele Unternehmen auf der Suche nach sinnvollen Einsatzmöglichkeit für die generative KI. Für Philipp Drieger, Principal Machine Learning Architect bei Splunk, kommt es entscheidend darauf an, die neue KI in eigene Produkte zu integrieren – und sie damit zu verbessern. Beispiel Cybersecurity: „Anwender können in natürlicher Sprache sagen, „zeige mir, wo in den vergangenen 24 Stunden ungewöhnliches Systemverhalten stattgefunden hat“. Daraus wird dann eine Abfrage erzeugt, die von der Maschine verstanden wird und direkt die gewünschten Ergebnisse zeigt. Das wäre in meinen Augen eine sinnvolle Integration der generativen KI in bestehende Produkte“, sagt Drieger im Netzökonom-Podcast.
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Die meisten Unternehmen befinden sich aber noch im Anfangsstadium, erforschen die Möglichkeiten oder testen die Möglichkeiten mit Pilotprojekten, zeigt eine Cap Gemini Umfrage unter 800 Unternehmen weltweit. Nur die Tech-Branche und der Handel haben schon eigene Anwendungen auf Basis der generativen KI in größerem Ausmaß im Einsatz.
Vortrainierte Modelle mit eigenen Daten füttern
Dabei zeichnet sich ein Muster ab: „In meinen Gesprächen mit Unternehmen besteht verstärkt der Wunsch, vortrainierte Modelle, die keine Verbindung zu fremden Anbietern haben, mit eigenen Daten zu füttern“, erklärt Drieger. Die Variante schütze die eigenen Daten und sei deutlich günstiger als das Training eigener Modelle.
Bei Open-Source-Anbietern wie HuggingFace finden sich schon vortrainierte Large-Language-Modelle, die für eigene Abwendungsfälle genutzt werden können. „Ich empfehle in diesen Fällen meist, die Modelle weiter zu trainieren, indem zum Beispiel die Fachbegriffe oder Produktbeschreibungen des Unternehmens dort einfließen. Unsere Splunk-App für Data Science und Deep Learning haben wir gerade mit zwei neuen Assistenten ausgestattet, die es erlauben, bestehen Large-Language-Modelle mit Unternehmensdaten weiter zu trainieren“.
Allerdings sieht Drieger in der generativen KI nicht nur die positiven Seiten. „Im Splunk-Umfeld sehen wir im Zusammengang mit generativer KI gerade Licht und Schatten in der Cybersicherheit. Mit dieser Technologie können Angreifer sehr einfach Code generieren, um mögliche Verletzlichkeiten einfacher auszunutzen“. Vor allem „Zero-Day-Attacks“ könnten zunehmen. Zudem könnten die ungeliebten Phishing-Mails mit generativer KI noch besser werden und damit noch schwerer erkennbar sein,, mahnt Drieger.
KI ist weit mehr als ChatGPT
Allerdings ist KI weit mehr als ChatGPT oder generative KI. „Wer länger im Feld der KI und des maschinellen Lernens arbeitet, der weiß natürlich, dass es auch schon vor ChatGPT jede Menge sinnvoller KI-Anwendungen gab. Zum Beispiel in der Prozessoptimierung im Automobilbau, vorausschauende Wartung in Industrieanlagen, Optimierung des IT-Betriebs und – ein Kernthema bei Splunk – die Cybersicherheit, um Anomalien zu erkennen“.
Ein Beispiel für ein sinnvolles Einsatzfeld sei die Verbesserung der Produktionsqualität im Automobilbau. „Dafür haben wir mit BMW-Gruppe zusammenarbeitet. Mit Hilfe von Deep-Learning-Modellen konnten wir in Echtzeit vorhersagen, welche Fahrzeuge in der Produktion Schwierigkeiten verursachen könnten, um frühzeitig gegensteuern zu können. Das spart Zeit und erhöht die Produktqualität“, sagt Drieger.
Breiter in die Industrie geschaut wäre die vorausschauende Wartung ein weiteres gutes Beispiel. „Bei Zeppelin haben wir maschinelles Lernen für Anomalieerkennung eingesetzt. Mit dem Ergebnis, dass Zeppelin heute ein Operation-Center betreiben kann, um bevorstehende Probleme vor dem Ausfall der Anlage zu erkennen und den Servicetechniker rechtzeitig loszuschicken. Diese beiden Einsatzfelder sind kein Traum, sondern schon produktiv im Einsatz“, erklärt der KI-Experte.
Digitale Geschäftsmodelle mit KI
Künstliche Intelligenz kann auch helfen, neue datengetriebene Produkte und Services zu entwickeln. „Hier sehen wir zwei Möglichkeiten: Einerseits die Produkte zu verbessern, ihre genaue Nutzung zu erfassen, mögliche Produktverbesserungen abzuleiten oder neue Produktentwicklungen anzustoßen. Der andere Weg ist die Einführung neuer Datendienste, zum Beispiel ein Kundendashboard für die vorausschauende Wartung. Inzwischen sehen wir diese Anstrengungen häufiger“, sagt Drieger. Diese Möglichkeiten für datengetriebene Service werden aktuell nachgefragt – das sei deutlich zu erkennen. „Die deutschen Maschinenbauer haben erkannt, dass sie mit diesen Diensten Wettbewerbsvorteile erzielen können“.
Allerdings klaffen Wunsch und Wirklichkeit bei vielen Unternehmen noch weit auseinander. 72 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen Künstliche Intelligenz als Technologie mit einer großen Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, aber nur 15 Prozent haben KI tatsächlich im Einsatz, zeigt eine repräsentative BITKOM-Umfrage.