Digitales Banking: Tech-Giganten sind die wahre Bedrohung
Für die Banken wird 2018 ein spannendes Jahr: Die Zahlungsdiensterichtlinie 2 (PSD2) erlaubt Drittanbietern den Zugriff auf die Bankkonten. Im Vorgriff fahren die Banken jetzt ihre IT-Investitionen hoch, um sich auf den Angriff der Tech-Giganten vorzubereiten.
Ab 2018 beginnt die Digitalisierung für die Banken erst richtig. Mit der zweiten Version der Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2) verpflichtet die Europäischen Union die Banken, Drittanbietern auf Wunsch der Kunden Zugang zu ihrem Konto zu gewähren. Per Schnittstellen können die Drittanbieter dann Kontoinformationen auslesen oder Zahlungen ausführen. Das bedeutet: Das Geld bleibt auf der Bank, aber Drittanbieter, angefangen bei Apple oder Google bis zum Startup und natürlich auch andere Kreditinstitute, können dann innovative Finanzprodukte anbieten. Banken haben dann die Wahl, sich mit Investitionen in digitale Technologien und Geschäftsmodelle für den Angriff zu wappnen – oder zuzusehen, wie die digitale Konkurrenz die Kundenkontakte und die Wertschöpfung wie in anderen Branchen an sich zieht.
Offenbar haben die Banken das Szenario inzwischen verstanden. Nach einer aktuellen Umfrage von Avanade unter 280 IT-/Digitalentscheidern von Banken, darunter 160 aus Europa, ist der Einsatz neuer Technologien ganz nach oben in der Prioritätenliste gerückt. 48 Prozent der Befragten sehen die Technologie als wichtigste strategische Priorität an, gefolgt von der Erhöhung der Rentabilität (43 Prozent). In Deutschland geben sogar 75 Prozent der Befragten den neuen Technologien den Spitzenplatz.
Die größte Bedrohung für ihr Geschäftsmodell gehe langfristig vom Einstieg der Tech-Giganten wie Amazon, Google oder Facebook aus, erwarten die IT-Banker. Die Sorge ist nicht unbegründet: Bei der Bafin haben Amazon und Alibaba offenbar schon Interesse an einem PSD2-Zertfikat angemeldet. Sie wollen dann direkt auf die Konten ihrer Kunden zugreifen, erhalten dabei mehr Daten und können nebenbei noch die Kreditkartenunternehmen aus dem Spiel nehmen.
Aus dem Spiel werden auch viele Bankfilialen genommen: Jede dritte Bank in Deutschland werde in den kommenden zehn Jahren keine persönlichen Services im einfachen Privatkundengeschäft mehr anbieten, ist ein Ergebnis der Studie. International ist dieser Wert mit 61 Prozent deutlich höher.
Um wettbewerbsfähig zu sein, glaubt die deutliche Mehrheit der Befragten (91 Prozent), dass ihre Organisation die Ausgaben für die Kundenerfahrung erhöhen muss. Im Durchschnitt werden nur 15 Prozent des jährlichen IT-Budgets für die Verbesserung dieses Bereichs aufgewendet; in Deutschland beträgt der Wert sogar nur 10 Prozent. Dem stehen 19 Prozent für die Instandhaltung und Pflege der alten Infrastruktur gegenüber.
Mit PSD2 besteht für die Banken, die sich wegen der dauerhaften Niedrigzinsen ohnehin die Sinnfrage stellen, die Option auf ein neues Geschäftsmodell. Nach einer Umfrage von PWC unter 1000 Verbrauchern würden 68 Prozent der Gesamtbevölkerung und sogar 86 Prozent der Menschen unter 30 Jahre den Nichtbanken erlauben, auf ihr Konto zuzugreifen. Das machen die Menschen natürlich nur, wenn die Nichtbank vertrauenswürdig ist, einen Service mit Mehrwert bietet oder billiger ist. All das müssen die Tech-Firmen oder auch anderen Banken vom kommenden Jahr an liefern. Dann könnte aus den Banken Plattformen werden, die möglichst innovative Fintech-Anbieter anlocken und damit attraktiv für Bankkunden sind. Einige Banken gehen bereits offensiv in diese Richtung, aber viele traditionelle Banker stehen der Öffnung skeptisch gegen Öffnung noch skeptisch gegenüber.