„Fehlende Skills sind die wichtigste Hürde für Digitalisierung – und zwar überall“

Fehlende Digitalfähigkeiten sind die größte Hürde für die Transformation der Unternehmen. Amazon nimmt die Weiterbildung selbst in die Hand – und gibt dafür Hunderte Millionen Dollar für kostenlose Trainings für IT-Beschäftige, Weiterbildung für Manager und Coding-Schools für Jugendliche aus. Selbstlos ist das natürlich nicht.

AWS

In der Liste der Hürden für die digitale Transformation tauchen die fehlenden Digitalfähigkeiten der Beschäftigten und Manager eigentlich immer an erster Stelle an. „Das gilt nach unserer Erfahrung für jede Industrie und jedes Land“, sagt Tanuja Randery von Amazon Web Services, der Cloud-Sparte des Online-Giganten. Um diese Wachstumsbremse zu lösen, hat AWS inzwischen Hunderte Millionen Dollar in eigene Online-Kurse, Kooperationen mit Universitäten und Coding-Schools für Jugendliche investiert. „Wir haben bisher rund 13 Millionen Menschen trainiert – und bis 2025 sollen es 29 Millionen werden. In Europa haben 800.000 Menschen an unseren Trainings teilgenommen. In Deutschland sind es 100.000. Dazu kommen Kooperationen mit Hochschulen in Stuttgart und München“, sagte Randery am Rande der AWS-Entwicklerkonferenz re:Invent in Las Vegas.

Selbstlos ist dieser Einsatz für die Bildung selbstverständlich nicht. Unternehmen, denen die digitalen Profis fehlen, verlagern ihre Geschäfte nur langsam in die Cloud, fragen keine KI-Services nach und fallen als potenzielle Kunden für AWS-Produkte aus. „Zwei Drittel unserer Kunden berichten uns, dass die größte Hürde für den Gang in die Cloud die fehlenden Fähigkeiten sind“, berichtet Randery.

 

Weltweit ist die Lücke bei den Cloud-Fachkräften inzwischen auf 5 Millionen Menschen gewachsen. Besonders groß ist dieser Mangel in den USA, China, Indien, Japan und Deutschland, also den großen Industrieländern, in denen das meiste Geld in digitale Transformation investiert wird.

„Generell sehen wir, dass die Nutzung von künstlicher Intelligenz, Machine Learning und Big Data im Cloud Computing immer wichtiger wird. In diesen Feldern ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften leider besonders groß. Auch Robotics, „Tech Sustainability“, „Med Tech“ und „Agri Tech“ sind Themen, die wichtiger werden“, hat Randery beobachtet. Der Draup-Bericht hat zudem eine Reihe von Berufen mit Cloud-Fähigkeiten identifiziert, bei denen die Nachfrage besonders hoch ist und voraussichtlich von Jahr zu Jahr steigen wird.  Dazu gehören Softwareentwicklung, Softwaredesign, Softwaretests und -support, Big Data und Analytik, Cloud-Sicherheit, Cloud-Support, Cloud-Infrastruktur, Cloud-Betrieb und Netzwerktechnik.

Zwar haben auch die Regierungen die Lücke erkannt, doch deren Initiativen sind Amazon viel zu langsam. „Die EU hat in ihrem Programm „Digital Decade“ das Ziel ausgerufen, dass 80 Prozent der Bvölkerung bis 2030 mindestens digitale Grundkompetenzen erreichen sollen. „Die EU ist noch nicht einmal in der Nähe dieses Ziels und wird es verfehlen, denn eine Beschleunigung kann ich nicht erkennen“, mahnt Randery.

Wie immer, wenn eine Infrastruktur fehlt, versuchen die Digitalkonzerne eine Lösung mit ihren eigenen Mitteln. „Wir versuchen, das Lernen zu „demystifizieren“. Das Lernen digitaler Fähigkeiten einfach zu machen ist unser Ziel. Wichtig ist aber früh zu beginnen. Wir haben auch eine Coding-School „Get IT“,  die sich auch an Mädchen und junge Frauen richtet. 19.000 Studierende haben wir schon ausgebildet“ berichtet Randery.

Doch es reicht nicht, einfach ein Weiterbildungsangebot bereitzustellen. „Zwingend erforderlich ist das Commitment des Top-Managements zur Digitalisierung. Wer als CEO oder Aufsichtsrat die strategische Vision, wie der Wandel von einer Hardware-Firma zu einer Software-Firma funktionieren soll, nicht setzt, dem wird niemand folgen“, sagt Randery

Zudem müsse das Top-Management aggressive Ziele setzen. „Digitalisierung ist keine 20-Jahre-Reise. Unternehmen müssen die Transformation in den nächsten 3 -5 Jahren hinbekommen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dieser Weg muss mit klaren Zielen verbunden sein. Zum Beispiel dem Wandel von Hardware- zu Software- oder Serviceumsätzen. Dafür müssen sich auch die Manager im Digitalen weiterbilden – sonst wird das Unternehmen diese Ziele nie erreichen. Das ist kein leichter Weg“, weiß Randery.

Amazon arbeitet gerade an einer Art Business-School für Manager, um ihr Wissen in der richtigen Strategie digitaler Unternehmen und Entwicklung digitaler Produkte und Geschäftsmodelle weiterzugeben.