„Vor Machine Learning muss niemand Angst haben“

Der Mangel an IT-Kräften ist die zentrale Hürde für die digitale Transformation. „Das größte Problem liegt nicht in den fehlenden Fähigkeiten, sondern dass viele Unternehmen die Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Belegschaft unterschätzen. 80 Prozent der Befragten wollen sich im Digitalen fortbilden, aber gleichzeitig bemängeln 90 Prozent Hindernisse bei der Fortbildung. Wir haben offenbar eine hohe Lernbereitschaft in Deutschland, aber ebenso hohe Hürden“, sagt Marco Strauß.

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Fehlende IT-Fachkräfte sind eine Wachstumsbremse: 260 Mrd. Dollar könnte das deutsche Bruttoinlandsprodukt höher liegen, wenn genügend Spezialisten verfügbar wären. Welche Möglichkeiten Unternehmen haben, das Problem zu lösen, erklärt AWS-Learning Architect Marco Strauß. Mit der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Digitalprofis in Deutschland förmlich explodiert. Vor allem Fachleute für Cloud-Computing, Online-Marketing und E-Commerce werden gesucht, zeigt der digitale Job-Monitor – und nur selten gefunden.


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Denn zwei Drittel der Unternehmen berichteten in einer Gallup-Studie über Schwierigkeiten, passende IT-Kräfte zu finden. Da der Arbeitsmarkt leergefegt ist, die Zahl der Studierenden in den MINT-Fächern eher sinkt und die Spezialisten aus dem Ausland lieber direkt ins Silicon Valley gehen, bleibt den Unternehmen eigentlich nur eine Wahl: Systematisch in die Weiterbildung der eigenen Belegschaft zu investieren. „Das größte Problem liegt nicht in den fehlenden Fähigkeiten, sondern dass viele Unternehmen die Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Belegschaft unterschätzen. Denn die Gallup-Untersuchung hat auch gezeigt, dass 80 Prozent der Befragten sich im Digitalen fortbilden wollen, aber gleichzeitig bemängelten 90 Prozent Hindernisse bei der Fortbildung. Wir haben offenbar eine hohe Lernbereitschaft in Deutschland, aber ebenso hohe Hürden“, sagt Strauß.

Im digitalen Bereich sei nicht unbedingt ein Hochschulstudium notwendig, um erfolgreich zu sein. „Auch hier bei AWS gibt es viele gute Leute, die nicht studiert haben“, sagt Strauß. Managed Services in der Cloud senken die Eintrittshürde und moderne Sprachmodelle können inzwischen sogar menschliche Sprache direkt in Computerbefehle übersetzen. „Ein Beispiel ist Lookout for Vision. Mit vortrainierten Machine-Learning-Modellen können Fehler in Bauteilen sehr einfach erkannt werden. Dafür muss man weder Experte sein noch einen Doktortitel haben. Vor Machine Learning muss man keine Angst haben“, sagt Strauß. Viele Unternehmen nutzen inzwischen die Cloud, um Zugang zu KI-Anwendungen zu bekommen. Nach Schätzungen des Branchenverbandes Bitkom wird der Umsatz mit Plattformen für Künstliche Intelligenz in diesem Jahr in Deutschland um 42 Prozent auf 1,1 Mrd. Euro wachsen.

AWS als einer der drei „Hyperscaler“ investiert deshalb Hunderte Millionen Dollar, um die Cloud-Kompetenz zu erhöhen. Dazu gehören kostenlose Online-Kurse, Kooperationen mit Universitäten und Coding-Schools für Jugendliche.  „Bei AWS haben wir das „Get-IT“ Programm, um Kindern – vor allem Mädchen – den Zugang zu IT zu erleichtern. Daneben gibt es unsere Lernplattform AWS Skill Builder und das AWS-Academy-Programm, bei dem Hochschulen fertige Cloud-Lehrpläne abrufen können. Bis 2025 möchten wir weltweit 29 Millionen Menschen kostenlos trainieren. In Deutschland sind es bisher schon 100000 Menschen“, erzählt Strauß.

Einstiegshürden zu senken und Lernangebote zu schaffen ist die eine Seite. Unternehmen müssen auf der anderen Seite aber auch kontinuierlich in das Upskilling ihrer Mitarbeiter investieren und ihre Attraktivität erhöhen, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben. „Ganz wichtig finde ich auch, das Gelernte schnell einsetzen zu können, also zum Beispiel experimentelle Features in eine Applikation einzubauen“. Um die schlauen Köpfe anzuziehen, sei eine Kultur der Innovation. „Am Ende des Tages ist die Zahl auf dem Gehaltszettel nicht alles. Klassische One-Pager-Ausschreibungen mit „muss in komplexen Projektumgebungen arbeiten“ sind nicht mehr so angesagt. Aber das Wichtigste: Ich muss den Fachkräften ein Umfeld bieten, in dem sie etwas bewegen können“, sagt Strauß. Das Abhängen in unnötigen Status-Meetings gehöre nicht dazu.

Amazon/AWS machen diesen Job offenbar ganz gut: Wer in Deutschland seinen Doktortitel an einem Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz macht, wechselt danach bevorzugt zu Amazon, zeigt eine Untersuchung der Stiftung Neue Verantwortung. Deutschland zieht zwar viele Nachwuchsforscher – vor allem aus Osteuropa und Asien – an, verliert diese nach Abschluss ihrer Ausbildung aber oft an die großen Tech-Konzerne