Wie Amazon, Uber & Co. die Logistik digitalisieren

Die digitalen Angreifer haben den Logistik-Markt im Visier. Die Chancen stehen gut: Selbstfahrende Lastwagen, Plattformen-Modelle und das Internet der Dinge bieten reichlich Chancen in einem bisher kaum digitalisierten Markt.

Die Digitalisierung erreicht die Logistik. Amazon arbeitet an einer Vermittlungsplattform für Transporte, least Schiffe und Flugzeuge. Uber kauft Otto, einen Hersteller selbstfahrender LKW, und startet die Plattform „Uber für Trucks “, um das Transportgewerbe ähnlich wie den Taxi-Markt zu disrupten. Maersk verbündet sich mit Alibaba, um freie Kapazitäten auf seinen Containerschiffen zu vermarkten. Und Risikokapitalgeber investierten in den vergangenen Jahren etwa elf Milliarden Dollar in junge Logistik-Startups. Das bleibt nicht ohne Folgen: Nach einer Befragung von Roland Berger (PDF) erwarten 95 Prozent der Logistiker, dass die Digitalisierung ihre Industrie komplett oder teilweise ändern wird.

Die Plattform-Ökonomie erreicht die Logistik

Das steigende Interesse der Digitalbranche hat viele Gründe:

  • Der Logistik-Markt ist groß, vergleichsweise ineffizient, bisher kaum digitalisiert und hoch fragmentiert. Auf beiden Marktseiten stehen viele Anbieter und Nachfrager. Beste Voraussetzung also für digitale Plattformen, um den Markt zu ordnen, Transaktionskosten zu senken und damit eine Schlüsselposition einzunehmen, die die Wertschöpfung ähnlich neu verteilt wie es in der Hotellerie oder dem Taximarkt schon geschehen ist.
  • Selbstfahrende Lastwagen senken die Gesamtkosten für den Güterverkehr auf der Straße um etwa 50 Prozent, wenn der Fahrer als Kostenfaktor wegfällt und damit auch Versicherungen günstiger werden. Eine solche Kostensenkung wird als Wettbewerbsfaktor sehr schnell relevant.

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  • Das Internet der Dinge ermöglicht auf mittlere Sicht eine weitgehende Automatisierung der Prozesse: LKW, Container, Paletten und irgendwann sogar jedes einzelne transportierte Produkt lassen sich in Echtzeit verfolgen und optimieren. Mehr Daten bedeuten steigende Effizienz in einer Branche, in der Ineffizienzen wie Leerfahrten immer noch verbreitet sind.
  • Langfristig könnten 3D-Drucker sogar die internationale Arbeitsteilung ändern: Künftig werden viele Produkte am Ort des Verbrauchs von 3D-Druckern hergestellt. Transportiert werden dann nur noch digitale Baupläne, nicht mehr die kompletten Produkte. Weil Daten schneller als Güter sind, wird der Effekt auf das Geschäftsmodell der Logistiker gravierend sein. Unternehmen wie UPS bauen daher schon „3D On-Demand Center“ auf, um für diesen Wandel gerüstet zu sein.

Traditionelle Logistiker und digitale Angreifer rüsten sich für den Wettbewerb. Die elf Milliarden Dollar Investitionen in den digitalen Logistik-Markt verteilen sich regional allerdings sehr unterschiedlich: Jeweils 45 Prozent des Betrages werden in den USA und Asien investiert, aber nur 5 Prozent in Europa, haben die Berater von Oliver Wyman errechnet. Allein 2016 haben die führenden amerikanischen Venture-Capital-Firmen mehr als 250 Millionen Euro für Logistik-Startups ausgegeben. Beispiele für Logistik-Startups sind Flexport, das „Uber der Ozeane“ und Freightos – das „Expedia für Fracht“,  das Frachtpreise deutlich schneller anzeigt als bisher.

Digitale Angreifer wollen Kundenschnittstelle besetzen

Die meisten Startups versuchen, sich als Plattformen zu etablieren oder kundenfreundliche Systeme für Versand und Nachverfolgung zu entwickeln. Mit anderen Worten: Wie in anderen Branchen arbeiten auch die Logistik-Startups vorwiegend daran, die Schnittstelle zum Kunden zu besetzen, ohne in den Kern des Marktes – den physischen Transport – vorzudringen. Üblicherweise zielen die Startups also auf einzelne, möglichst attraktive Teile der Wertschöpfungskette der Logistikbranche, die zumindest in Europa eher träge auf die Digitalisierung reagiert.
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Allerdings versuchen sich auch einige Anbieter an den dicken Brettern wie autonome Lastwagen. Die Investitionen in diesen Bereich sind ebenfalls gestiegen; allerdings ist die Zahl der Unternehmen gering. Dieser Wettbewerb ist sehr kapitalintensiv – spätestens seitdem Hersteller wie Daimler oder Volvo in den Markt eingestiegen sind. Die Übertragung von Modellen wie Uber Pool vom Personenverkehr auf das Transportgewerbe verspricht hohe Effizienzgewinne, die mit wachsender Plattformgröße an Bedeutung zulegen. Auch in der Logistik kann der Marktführer erhebliche Skaleneffekte realisieren, was das Tempo der Investitionen erklärt. „Viele Logistiker tun sich schwer, mit dem Tempo der Digitalisierung Schritt zu halten. Start-ups hingegen sind flexibel und müssen nicht auf gewachsene Strukturen Rücksicht nehmen. Und sie beherrschen dieselben Big-Data-Ansätze wie die Start-ups aus der Personenmobilität, für die Uber das bekannteste Beispiel ist. Mit dieser Agilität und diesem Wissen können die innovativen Newcomer zu Schrittmachern der Branche werden“, sagt Max-Alexander Borreck, Principal bei Oliver Wyman.