Digitalisierung in Deutschland: Strategie rückt in den Hintergrund

Deutsche Unternehmen tun es schon wieder: In der Krise die strategischen Digitalprojekte zusammenstreichen und sich auf die Kostensenkung konzentrieren. So geschehen schon in den Jahren 2001 (Neuer Markt), 2008 (Finanzkrise), 2020 (Corona) und 2022 (Ukraine) offenbar wieder. Mit jeder Krise ist der Abstand zu den Ländern, die weiterhin strategisch ins Digitale investiert haben, geworden ist. Jede Wette: Auch nach dieser Krise werden wir feststellen, dass die Wettbewerber die Anwendungen für ChatGPT gebaut haben und die Weichen in Richtung des KI-Zeitalters gestellt haben.

Digitalisierung als strategisches Instrument, um neue Geschäftsmodelle oder Produkte zu entwickeln und damit Wettbewerbsvorteile zu erzielen, ist ohnehin unterentwickelt, wie ein Blick in die Bilanzen der Unternehmen offenbart. Im vergangenen Jahr haben diese Motive für die Digitalisierung weiter an Bedeutung verloren: Nur noch 32 Prozent der Unternehmen sehen Digitalisierung als Schlüssel für eine strategische Unternehmensentwicklung und nur noch 26 Prozent nutzen das Digitale, um neue Geschäftsmodelle oder Produkte zu entwickeln, zeigt eine repräsentative DIHK-Umfrage unter 4300 Unternehmen. „Größere strategische Schritte müssen derzeit hintenanstehen“, hat die DIHK-Umfrage ergeben.

Statt dessen haben die Unternehmen – wie immer in Krisenzeiten – mehr Wert auf Operatives gelegt. Wer aber immer nur optimiert, kommt im Wettbewerb nicht voran. „Bei der Digitalisierung haben die Betriebe das Gefühl, auf der Stelle zu treten. Sie haben Mühe, mit der rasanten Entwicklungsgeschwindigkeit Schritt zu halten“, folgern die DIHK-Autoren wenig überraschend. Optimierung ist ein „Race to the Bottom„, digitale Geschäftsmodelle dagegen die Chance auf Wachstum.

Weiterbildungsbedarf sehen die Unternehmen vor allem in einer digitalen Denkweise und im Umgang mit Technologien. Der Bedarf an Fachleuten für die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle ist gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken, da sich die Prioritäten auf Optimierung des Bestehenden und Kostensenkung verschoben haben. ▷ DIHK