„Künstliche Intelligenz ist der Motor der digitalen Revolution“
Die künstliche Intelligenz hat sich in den vergangenen drei Jahren rasant entwickelt. Innovative Unternehmen wollen mit dieser Technik nun signifikante Fortschritte erzielen – in der Medizin, auf der Straße und sogar in der Versicherung.
Google reagierte mal wieder am schnellsten. Als Alex Krizhevsky 2012 an der Universität Toronto die Fähigkeit eines Computers, Objekte in Bildern zu erkennen, dramatisch verbesserte und damit einen Durchbruch in der künstlichen Intelligenz (KI) erzielte, gab ihm der Suchmaschinenriese sofort das nötige Geld für die Gründung eines Startups. Krizhevsky nahm die Rechte an seiner Erfindung des „Convolutional Neural Networks“ von der Universität mit in das junge Unternehmen, das Google schon kurze Zeit später kaufte – für einen Spottpreis, gemessen an der Bedeutung seiner Erfindung. Seitdem arbeitet Krizhevsky für Google in Mountain View.
Krizhevskys Erfindung, die auf der Arbeit von Dan Ciresan am IDSIA in der Schweiz aufbaut, gilt heute als Meilenstein in der Entwicklung der künstlichen Intelligenz – und hat dieser Technologie einen gewaltigen Schub versetzt. „2013 sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel noch vom Internet noch als Neuland. Nur 3 Jahre später sagte Barack Obama „Mein Nachfolger wird ein Land regieren, das durch künstliche Intelligenz transformiert wird“. In diesen drei Jahren hat die KI große Fortschritte gemacht“, sagte Damian Borth (@DamianBorth), Director des Deep Learning Competence Centers am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) auf dem Empolis Executive Forum in Berlin. Nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Anwendung in den Unternehmen. „Die Autohersteller sind ganz scharf darauf, das Wetter mit dieser Technik zu erkennen. Das brauchen sie für ihre selbstfahrenden Autos“.
Die Fahrzeughersteller seien aber nur einige der Unternehmen aus dem DAX 30, die inzwischen „KI ready“ sind. „Dazu gehören auch die Einzelhändler. In diesem Jahr sind noch die Finanzinstitute hinzugekommen“, sagte Borth. Sie alle versprechen sich signifikante Wettbewerbsvorteile von der neuen Technologie, die neben dem Internet der Dinge den höchsten Stellenwert bei den Innovationsmanagern in aller Welt besitzt.
Für den Durchbruch der künstlichen Intelligenz als Motor der digitalen Entwicklung gibt es nach Ansicht von Empolis-CEO Stefan Wess (@StefanWess), der sich als einer der KI-Pioniere in Deutschland seit 30 Jahren mit dem Thema beschäftigt, drei wesentliche Gründe: Viel mehr Daten für Trainingszwecke als früher, sehr schnelle Rechner, vor allem vom Grafikkartenspezialisten Nvidia, und frei verfügbare Machine-Learning-Software. Wess will die Technik nun einsetzen, um gemeinsam mit dem Münchner Startup Smart Reporting das „nächste große Ding“ in der Medizin zu entwickeln: die Befunde der Ärzte zu strukturieren. 99 Prozent der Befunde werden auch heute noch von den Ärzten als Freitext diktiert. 1,5 Millionen Befunde sind es allein am Klinikum Großhadern in München in einem Jahr, sagte Wieland Sommer, Geschäftsführer von Smart Reporting. Diese Texte so zu strukturieren, dass sie maschinell verarbeitet und den Bildern der Radiologen zugeordnet werden können, verspricht ein gigantisches Potenzial für Kostensenkung und Erkenntnisfortschritt, hoffen Wess und Sommer.
Rückversicherer wie Munich Re setzen diese Art der Datenanalyse ein, um zum Beispiel schneller über Feuerschäden informiert zu sein. Weltweit werden Fotos aus sozialen Medien wie Facebook oder Twitter analysiert, um eventuelle Schadensfälle schnell zu erkennen. 16000 Nachrichtenquellen werden dafür im Stundenrhythmus durchsucht und mit internen Daten kombiniert, sagte Wolfgang Hauner, Chief Data Officer des Münchner Rückversicherers.
Die KI-Forscher in Berlin waren sich auch einig, dass es Regeln für den Umgang mit der künstlichen Intelligenz geben muss. „Wir müssen den Menschen die Angst nehmen. Es ist keine Magie in der Maschine“, sagte DFKI-Forscher Borth. Reinhard Karger (@ReinhardKarger), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Information und Wissen, appellierte, keine Angst vor Robotern zu haben, die weder einen Knopf schließen noch einen Schuh zubinden können. „Wir sollten mehr darauf achten, was wir Menschen können. Es gibt zu viele Spektiker beim Thema Digitalisierung in Deutschland“, warnte Karger. Passend dazu stellte die Unternehmensberatung Accenture gerade eine neue Studie vor, die drei wesentliche neue Jobfelder für Menschen in der digitalen Welt zeigt: Die „Trainer“, die KI-Systeme erst schlau machen, die „Explainer“, die Ergebnisse der KI-Systeme verstehen und für die Entscheider übersetzen können, und die „Sustainer“, die für die Einhaltung ethischer Regeln verantwortlich sind.
Fotos: Frank Nürnberger