Blick in die Zukunft: Virtual-Reality-Brillen könnten die nächste große Computing-Plattform werden
Die Revolution beginnt heute: Der Verkauf der Oculus Rift beginnt. Facebook-Chef Mark Zuckerberg ist sich sicher: Virtual/Augmented Reality wird das nächste große Ding. Nicht nur für Spiele und Unterhaltung, sondern für Kommunikation und Arbeit.
Personalcomputer und Smartphones bedeuten für Mark Zuckerberg die Welt von gestern. Der Facebook-Gründer hat lieber die Zukunft im Blick: „Virtual-Reality-Brillen sind die nächste große Computing-Plattform. In zehn Jahren werden eine Milliarde Menschen diese Brillen nutzen“, sagte Zuckerberg bei seinem Besuch in Berlin. Anders als bei den Smartphones, als er erst reagierte, als seine Erzrivalen Google und Apple die dominanten Positionen schon besetzt hatten, will Zuckerberg bei dieser Welle erstmals auch die Hardware beherrschen. Vor zwei Jahren hat er deshalb schon den Brillen-Hersteller Oculus gekauft – für zwei Milliarden Dollar. Die Übernahme verschafft ihm nun die Pole-Position: Als erstes großes Digitalunternehmen bringt Facebook am 28. März eine echte Virtual-Reality-Brille auf den Markt. Mit 699 Euro plus Versandkosten ist der Blick in die Zukunft allerdings nicht gerade billig.
Besseres Kopfkino gab es nie
Wer die Brille aber einmal ausprobiert, will am liebsten gar nicht mehr zurück in die reale Welt. Denn die klobig aussehenden Geräte vermitteln dem Betrachter das Gefühl, sich mitten in einer virtuellen Realität zu befinden. Man schaut keinen Film an – man ist Teil des Films, so der Eindruck. Die eingebauten Sensoren machen jede Kopfbewegung mit und ändern das Blickfeld genau wie in der realen Welt. Ergebnis: Schon nach wenigen Sekunden taucht man in die Handlung ein und vergisst seine eigentliche Umgebung. Besseres Kopfkino gab es nie – auch wenn noch lange nicht alles perfekt ist. Aber das waren das erste iPhone und das erste iPad auch nicht.
Kandidat für das „nächste große Ding“
In der Tech-Branche gelten die Brillen als heißer Kandidat für das „nächste große Ding“. Zuerst haben sich die Spielehersteller, Filmstudios und Fernsehsender darauf gestürzt. 30 Spiele sind für die Oculus Rift zum Start verfügbar; im Laufe des Jahres werden Hunderte nachkommen. Die Hollywood-Studios drehen inzwischen 360-Grad-Filme und der Bezahlsender Sky hat angekündigt, in diesem Jahr 20 dieser Videos herzustellen, zum Beispiel von Sportveranstaltungen wie der Formel 1. „Die VR-Technologie entwickelt sich in unglaublichem Tempo. Das ist für uns nur der Startpunkt, um mehr Inhalte zu erstellen“, kündigte Sky-Manager Gary Davey an. Facebook und Youtube haben Plattformen für die 360-Grad-Videos ins Netz gestellt.
Zuckerberg: Virtual Reality ist die sozialste Plattform
Mark Zuckerberg hat aber weit mehr als Spiele oder Filme im Sinn. „Virtual Reality wird sich schnell weiterentwickeln. Eines Tages werden wir ein Headset aufsetzen und es wird die Art ändern, wie wir leben, arbeiten und kommunizieren“, erwartet der Visionär, der mit Facebook die Kommunikation mit Freunden schon einmal revolutioniert hat. Mit den Brillen möchte er das ein zweites Mal schaffen. Die Menschen könnten mit Freunden zusammen einen Film schauen, als wären sie in einem Raum, obwohl sie sich in Wirklichkeit an verschiedenen Orten in der Welt aufhalten. Oder sie könnten eine Konferenz abhalten, obwohl sie überall verstreut sind. „Genau deshalb investiert Facebook so stark in Virtual Reality: Wir wollen diese neue Art des sozialen Erlebens vorantreiben. Virtual Reality ist die sozialste Plattform. Hunderte unserer besten Ingenieure arbeiten schon an der nächsten Generation der sozialen Apps. Sie haben das Potential, unser aller Leben zu ändern“, schwärmt der Facebook-Chef.
Oculus Rift, HTC Vive, Playstation VR
Mit seiner Begeisterung ist er nicht allein. Tatsächlich könnte 2016 das Jahr werden, in dem das Hype-Thema seinen Durchbruch schafft. Denn nicht nur die Oculus Rift kommt in diesem Jahr auf den Markt. Der Smartphone-Hersteller HTC hat zusammen mit dem Spielehersteller Valve die Brille Vive fertig entwickelt, die sogar noch etwas mehr kann, aber mit 899 Euro plus Versandkosten auch teurer ist. Einen anderen Weg geht Sony: Die Playstation VR kommt später im Jahr, kostet aber nur 399 Euro. Sie funktioniert nur in Verbindung mit der Spielekonsole der Japaner. Deutlich günstiger ist der Einstieg über die Brillen, die vorwiegend als Halterung für Smartphones dienen, aber zusätzlich über Sensoren für die Kopfbewegungen verfügen. Auch in diesem Segment ist Facebook schon dabei: Über eine Partnerschaft mit dem Smartphone-Giganten Samsung sollen noch in diesem Jahr Millionen Geräte in den Markt gedrückt werden, wie Zuckerberg auf der Mobilfunkmesse in Barcelona ankündigte. Für ein erstes Gefühl für die virtuelle Realität reichen aber schon die einfachen Halterungen für Smartphones wie das Cardboard von Google, das zwar nur aus Pappe besteht, aber schon für etwa zehn Euro zu haben ist.
Google, Magic Leap, Microsoft Hololens
Facebook ist zwar Pionier, aber damit ist der Erfolg keineswegs sicher. Denn die Erweiterung der Realität ist aktuell eines des heißesten Themen in der Tech-Szene. Mittendrin auch dieses Mal ist Google/Alphabet. Der Konzern hat gemeinsam mit anderen renommierten Investoren 800 Millionen Dollar in das geheimnisvolle Startup Magic Leap investiert. Das junge Unternehmen aus Florida arbeitet an einer Technik, die virtuelle und reale Welt verbindet und in der Fachwelt „Augmented Reality“ heißt. Die Brille ist durchsichtig, aber in das Glas wird vor das Auge des Betrachters ein Bild projiziert, das um Gesehene zu erweitern. „Stell Dir vor, Du läufst durch China und alle Werbetafeln sind auf Englisch“, erklärt Gründer Ronald Abovitz eine Anwendung, der ansonsten aber nichts verrät, bis seine Brille fertig ist. Wann das sein wird, lässt er offen. „Ich sage meinem Team immer, dass es nicht so kompliziert ist, wie eine Rakete zu launchen. Aber es ist nicht all zu weit davon entfernt.“ Auch Apple ist an dem Thema dran, kauft reihenweise Firmen wie Metaio aus München auf. „Ich denke nicht, dass VR in einer Nische spielt,. Das ist wirklich cool“, ließ sich Apple-Chef Tim Cook immerhin entlocken.
Weiter ist der Softwarekonzern Microsoft, dessen Brille Hololens inzwischen an die ersten Entwickler verschickt wird. Einsatzfelder für Mediziner, Architekten oder Designer liegen nahe. Autohersteller wie Audi lassen ihre Kunden virtuelle Probefahrten machen und auch Küchen lassen sich mit diesen Brillen gedanklich einrichten. Reiseveranstalter schicken ihre Kunden vorab ans Urlaubsziel. So wie das iPhone 2007 den Boom der App-Economy auslöste, sind die Brillen auf dem besten Weg, den nächsten großen Schritt der Computer-Technik einzuleiten.